Das Foto erinnert an ein gemütliches Beisammensein von İhsan T. (im Foto die zweite Person von rechts) mit Kolleg*innen und Freund*innen in Köln im Jahr 1959. İhsan T. und einige seiner Kolleg*innen wurden in der Bundesrepublik „Heuss-Türken“ genannt.

İhsan T. war 1958 aus der Türkei in die Bundesrepublik gekommen, um eine Ausbildung bei Ford in Köln zu machen. Gemeinsam mit ihm kamen ungefähr 150 weitere junge Männer aus der Türkei für eine Ausbildung in der Autoindustrie oder im Bergbau nach Deutschland.

Der damalige Bundespräsident Theodor Heuss hatte bei einem Besuch in Ankara zugesagt, dass eine Gruppe von Berufsschulabsolventen aus der Türkei in der Bundesrepublik ausgebildet werden könnte.

İhsan T. blieb nach seiner Ausbildung bei Ford, ist mittlerweile in Rente und lebt weiterhin in Deutschland.

 

Arbeitsmigration gab es schon vor formalisierten Anwerbeabkommen

Regierungen sind stets bemüht gewesen, Migration möglichst flächendeckend zu regeln. Menschen sind aber schon immer auch außerhalb von Regierungsregelungen migriert – und dies nicht erst seit dem 20. Jahrhundert. Es gibt zahlreiche Beweggründe dafür, sich auf den Weg in ein anderes Land zu machen; einer davon ist die Suche nach einer finanziell lohnenswerten Arbeit.

Um die bereits laufende „Arbeitsmigration“ aus der Türkei nach Deutschland zu regeln und den großen Bedarf an Fachkräften in der boomenden westdeutschen Wirtschaft zu decken, schlossen die Bundesrepublik und die Türkei 1961 eine Abmachung, die als so genanntes Anwerbeabkommen bezeichnet wird, auch wenn die Bundesregierung dies nie so bezeichnete. Das Abkommen war zunächst sehr eng angelegt: Es beschränkte sich auf Unverheiratete, die eine erniedrigende Gesundheitsprüfung zu bestehen hatten, und sah – im Interesse beider Regierungen – eine maximale Aufenthaltsdauer von zwei Jahren vor. Ein Familiennachzug wurde zunächst explizit ausgeschlossen – anders als in den Abkommen zwischen Deutschland und Italien, Griechenland sowie Spanien.

Die so genannten „Gastarbeiter*innen“ wurden mit harten Arbeitsbedingungen, Ungleichbehandlungen und teilweise menschenunwürdigen Wohnverhältnissen konfrontiert. Während die so genannten „Heuss-Türken“ in den Betrieben und in der öffentlichen Meinung beliebt waren, stieg die Zahl der Anfeindungen gegen Menschen aus der Türkei in den Jahren nach dem Anwerbeabkommen an. Gleichzeitig entstanden in den Betrieben aber auch Freundschaften zwischen Neuankömmlingen und Arbeitern, die in Deutschland aufgewachsen waren.

Durch Druck der deutschen Arbeitgeberverbände wurde die Zwei-Jahre-Regelung (das so genannte Rotationsprinzip) aufgehoben. Doch die sozialpolitischen Konzepte in der Bundesrepublik waren weiterhin auf einen kurzen Aufenthalt der Arbeiter*innen aus der Türkei in Deutschland ausgelegt. Einige dieser Arbeiter*innen blieben, andere gingen zurück in ihr Heimatland. Mit dem Anwerbestopp im Jahr 1973 mussten sie sich entscheiden, ob sie bleiben oder nie mehr nach Deutschland zurückkehren wollten. Daraufhin blieben viele Menschen aus der Türkei dauerhaft in der Bundesrepublik.