Dieser Arbeitskittel hat eine kämpferische Geschichte: Er gehörte Lorenzo A., dem ersten „ausländischen“ Betriebsratsvorsitzenden in der Bundesrepublik Deutschland.

Lorenzo kam 1958 aus Alberobello (Italien) nach Bokensdorf, um bei VW in der Produktion zu arbeiten.
Zuvor war er in der Landwirtschaft und in der Produktion von Zementblöcken tätig gewesen. Er kam nicht im Rahmen des Anwerbeabkommens zwischen Italien und der BRD von 1955, sondern machte sich auf eigene Faust nach Deutschland auf.

1962 trat er der Gewerkschaft IG Metall bei und wurde 1965 zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt. Neben den zahlreichen Aufgaben in dieser Funktion unterstützte er als „Vertrauensmann“ und Dolmetscher seine Kolleg*innen aus Italien.

 

Neue Protestformen und erkämpften Rechte

Arbeiter*innen mit Migrationsgeschichte – insbesondere jene, die in den 1960er Jahren über die Anwerbeabkommen in die Bundesrepublik kamen – mussten in den Betrieben meist den unattraktivsten Arbeiten nachgehen und wurden unterdurchschnittlich bezahlt. So ermöglichten sie es Arbeiter*innen, die schon länger in Deutschland gewesen waren, und zuvor diese Jobs ausgeübt hatten, innerhalb der Betriebe aufzusteigen.

Wie Lorenzo organisierten sich viele Arbeitsmigrant*innen in der BRD insbesondere seit den 1960er Jahren zunehmend in Betriebsräten und Gewerkschaften. In Arbeitskämpfen griffen sie häufig zu Mitteln, die zuvor in der BRD wenig verbreitet waren, insbesondere zu so genannten „wilden Streiks“ – unabhängig von den Gewerkschaftsstrukturen. Im Rahmen dieser autonomen, meist lokalen Streiks griffen die Arbeiter*innen zu Methoden wie dem stark verlangsamten Arbeiten, dem so genannten „Bummelstreiken“, dem Krankmelden, der Sabotage und dem Besetzen von Produktionsanlagen. Ihre Kernforderungen waren Lohnerhöhungen, bessere Arbeitsbedingungen und die Abschaffung der rassistischen Ungleichbehandlung – insbesondere beim Lohn, bei den Arbeitsaufgaben und bei den Wohnverhältnissen.

Die Streikenden waren intensiven Repressionsmaßnahmen ausgesetzt – bis hin zu Abschiebungen. Von den Gewerkschaften bekamen sie selten Unterstützung – weil diese vor allem an dem Grundsatz festhalten wollten, deutsche Arbeitnehmer besser als ausländische zu bezahlen. Auch viele der Kolleg*innen ohne persönliche Migrationsgeschichte standen den „wilden Streiks“ ablehnend gegenüber. Die Medien zeichneten in ihrer Berichterstattung ein negatives Bild von den streikenden Migrant*innen.

Durch die Streiks erkämpften die Arbeitsmigrant*innen Mitbestimmungsrechte und Lohnerhöhungen für alle Arbeiter*innen. So trugen sie zu einem Wandel der Betriebskultur hin zu mehr Demokratie und zum Abbau von Diskriminierungen bei.