Wiedervereinigung, rassistische Anschläge und (Spät)aussiedler*innen

Die DDR tritt der BRD bei und hört als Staat auf zu existieren. Die „Wiedervereinigung“ hat für Menschen in Deutschland unterschiedliche Auswirkungen und Bedeutungen. Die Migration zwischen Ost- und Westdeutschland erlebt in der Folge ein neues Hoch. In einigen ostdeutschen Regionen folgt auf die „Wiedervereinigung“ ein „Brain drain“ von Hochqualifizierten. Neben Familienzusammenführungen aus Ost und West sowie Arbeitsmigration erleben viele Menschen mit internationaler Migrationsgeschichte diese Zeit als ökonomische Krise und erfahren rassistische Ausgrenzung.

Rassismus gegenüber Arbeitsmigrant*innen

Die ca. 500.000 „Vertragsarbeiter*innen“ in der DDR verlieren ihren Aufenthaltsstatus. Denn durch das Ende der DDR sind die Anwerbeabkommen nicht mehr gültig. Etwa 15.000 Vietnames*innen, 5.000 Angolaner*innen und Mosambikaner*innen gelingt es, im wiedervereinigten Deutschland zu bleiben. Einige von ihnen finden eine neue Beschäftigung und können weiterhin in Deutschland leben. Andere tauchen unter und werden zu „illegalen“ Migrant*innen. Rassistische Übergriffe auf Ausländer*innen nehmen zu. 1990 wird Antonio Amadeu Kiowa, ein ehemaliger „Vertragsarbeiter“, in Eberswalde von Neonazis zu Tode geprügelt. Erst 1997 wird wenigen in Deutschland verbliebenen ehemaligen „Vertragsarbeiter*innen“ ein dauerhaftes Bleiberecht gewährt.

In Westdeutschland verbinden viele Migrant*innen und ihre Familien mit der Wiedervereinigung wirtschaftliche Nachteile, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt – auch als Folge der vermehrten Migration ostdeutscher Arbeitskräfte nach Westen. Das neue nationale Selbstverständnis in Deutschland führt zu verstärkter rassistischer Ausgrenzung und Übergriffen. In Hoyerswerda (1991), Mölln (1992), Rostock (1992), Solingen (1993) und Lübeck (1996) setzen Neonazis Häuser und Wohnungen von Migrant*innen in Brand und ermorden zahlreiche Menschen. Viele Migrant*innen leben in der Folge in ständiger Angst, selbst Opfer von Rassismus zu werden und vom Staat nicht davor geschützt zu werden.

Aussiedler*innen

Das Ende des Ost-West-Konflikts erleichtert zudem die Migration sogenannter Aussiedler*innen nach Deutschland. Dabei handelt es sich um Menschen, die als Minderheiten im vornehmlich osteuropäischen Ausland gelebt haben und sich auf eine „deutsche Abstammung“ berufen.  Insgesamt kommen zwischen 1950 und 2015 etwa 4,5 Millionen Aussiedler*innen nach Deutschland, davon drei Millionen seit 1988.

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