Ich erinnere mich an diese Herbsttage, an denen meine gesamte Familie die Badewanne zwei Tage lang nicht benutzen durfte, weil sie bis zum Rand mit Chinakohl gefüllt war.

Für meine deutschen Freunde war dies meist ein seltsamer Anblick beim Betreten unseres Badezimmers. Auch wenn ich sie vorgewarnt hatte,  „wundere dich nicht, aber in unserer Badewanne liegt ganz viel Chinakohl“, blieb der Blick mit einer Mischung aus Verwunderung und Unbehagen nicht aus. Ein derartiges Prozedere gab es in den Haushalten meiner Freunde nicht- bis heute nicht.

Der Grund für diese Chinakohl-Invasion ist, dass Koreaner den Beilagensalat Kimchi in großen (wirklich großen) Mengen zubereiten. Der Chinakohl muss zunächst sehr gründlich gewaschen und dann in Salz eingelegt werden, bis er dann mit einer selbstgemachten Paste aufwändig Blatt für Blatt bestrichen wird.

Einen praktischeren Ort als die Badewanne, an dem gelagert und gleichzeitig mit Wasser gespült werden kann, konnten sich meine Eltern nicht vorstellen. Das Badezimmer blieb zu dieser Zeit größtenteils Sperrzone, und auch die ganze Wohnung roch nach Kohl und koreanischen Gewürzen.

Auch wenn es mir damals oft unangenehm war, dass unsere Wohnung vor Kohl zu platzen drohte, so bin ich heute froh über diese Erfahrung und blicke wehmütig zurück. Miterleben zu dürfen, wie meine Eltern versuchten, Tradition in Deutschland aufrechtzuerhalten, ist für mich sehr wertvoll geworden.

Und wenn ich mir meine Badewanne betrachte, sehe ich zwar keinen Chinakohl darin, aber ich weiß wofür sie alles gut ist- Heimat.

Eingereicht von Ju-Hyun Lee aus Köln, Juni 2020